Veintiuno

Berit Glanz: Pixeltänzer

Elisabeth ("Beta") ist Software-Testerin in einer hippen Firma, in der die Kollegen gleichzeitig beste Freunde sind. Es wird viel und lang gearbeitet, man arbeitet nach dem SCRUM-Schema und ist bestrebt, sich immer weiter zu entwickeln.

In diesen Selbstoptimierungsumgebung platzt ein Unbekannter hinein, der Beta auf eine unbekannte Fährte führt. Lavinia Schulz, Walter Holdt und Hans Heinz Stuckenschmidt spielen dabei eine Rolle. Lavinia und Walter führten in den 1920ern Tänze in abenteuerlichen Masken auf, zum Teil auch zu neuer Musik wie sie Hans Heinz zum besten gibt. Das Ganze war nicht besonders hilfreich in Bezug auf Gelderwerb und führte (zumindest liegt das nahe) zu einem persönlichen Drama.

Im Buch wird eine vergleichsweise kleine Zerreissprobe in Betas Leben (App-Entwicklung in Bussen und Hotels) zur Parallele, die anhand von Nachrichten des Fremden aufrecht erhalten wird. Dieser schickt plausible, aber wohl erdachte Texte aus dem Leben der Tänzer und versteckt diese hinter kleinen Rätseln.

Auffällig gut ist die Konzeption und der Gesamtbogen des Buchs. Trotz der sehr widersätzlich erscheinenden Themen ist mir kein befremdliches Gefühl entstanden. Das Finale erscheint als Höhepunkt des Texts.

Die Stränge selbst sind unterschiedlich stark. Der moderne Strang wirkt etwas leblos und kühl. Die Einführungstexte mit Erklärungen zu SCRUM und agilen Methoden wirken manchmal deplatziert. Elisabeths Erlebnisse erscheinen plausibel, aber auch etwas distanziert. Mir ist nicht ganz klar, ob das absichtlich so kostruiert ist. Manchmal habe ich mich an bleeptrack erinnert gefühlt, besonders bei der Umsetzung des absichtsbefreiten Space-Invader-Klons mit Fliegen.

Im Gegensatz dazu ist das Leben der Tänzer direkt von Emotionen und Verschmelzung geprägt. Beim Tanz wird alles eins, auch wenn das restliche Leben ein Albtraum ist.

Auf der einen Seite die Testerin mit mäßig erfüllendem Job und Bullshit-Aufgaben, die aber monetär durchaus etwas bringen, während Lavinia und Co ihrer Leidenschaft nachgehen, damit aber völlig erfolglos bleiben. Wer hätte nun eher Erfolg verdient?