Veintiuno

Der entscheidende Faktor

Sehr geehrter Herr K.,

Wir haben lange überlegt, wie wir die offenkundig überwältigende Anzahl Anfragen für die aktuelle Saison in ein akzeptables Verhältnis zu unseren Unterbringungsmöglichkeiten bringen können.

Daher bedauern wir umso mehr, Ihnen mitteilen zu müssen, dass wir Ihren geplanten Aufenthalt in unserer Ferienanlage "W..." für den Zeitraum 25.07.-08.08.20 von unserer Seite stornieren müssen.

Wir hoffen auf Ihr Verständnis.

Mit freundlichen Grüßen,

W. P.


Sehr geehrter Herr P.,

wieviel wurde Ihnen geboten?

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Mit neugierigen Grüßen,

H. K.</em>


Lieber Herr K., erstmal ist es sehr unangebracht, mir zu unterstellen, ich würde Ihre Buchung wegen mit Sicherheit illegaler, höherer Gebote stornieren!

Sie können allerdings wieder ins Rennen aufgenommen werden, wenn Sie wenigstens den 2,4-fachen Preis zu zahlen bereit sind. Um Ihre Chancen zu erhöhen, würde ich Ihnen allerdings raten, etwas höher zu gehen, um nicht sofort wieder ins Hintertreffen zu geraten.


Werter Herr P., ich finde es extrem unmoralisch wie Sie hier die Krise zu Ihren Gunsten ausnutzen und sich an Pärchen und Familien bereichern!

Sie erinnern sich bestimmt: Ich bringe zwei Kinder mit, die monatelang nur ihr Zimmer und Orte im Umkreis von 1500 Metern um unsere Wohnung gesehen haben.

Im Übrigen bin ich mit dem Faktor 3 einverstanden. Lassen Sie uns nicht lange feilschen und diese Situation ohne viel Diskussion hinter uns bringen.


Herr P., ein Manager mit überdurchschnittlichem Einkommen hat mir direkt Faktor 6 angeboten und unaufgefordert eine Anzahlung mit Faktor 2 getätigt.

Wäre es jemand anderes gewesen, ich hätte nicht gezögert.

Auf der anderen Seite hasse ich die moralische Verdorbenheit seines Berufsstands und würde daher gerne auf andere Angebote eingehen.

Ernsthaft konkurrieren Sie gerade in erster Linie mit einem Arzt, der zufällig aus der gleichen Stadt kommt wie Sie. Er hat ebenfalls 2 Kinder und würde Faktor 3,5 bieten.

Wenn Sie mir Faktor 4 bieten, steht einer direkten Zusage nichts im Weg, denke ich.


Ich weiß die Konsequenzen Ihrer fragwürdigen Ansichten zu schätzen. Ohne Leute mit solch einer Einstellung würde es derzeit wohl vielen "normalen" Leuten kaum noch möglich sein, überhaupt irgendwo Urlaub zu machen.

Schweren Herzens willige ich also ein, wenn denn nun bei Faktor 4 wirklich das Ende der Fahnenstange erreicht ist. Mehr ist für mich einfach nicht machbar.


Herr P., ich finde Ihr Angebot sehr vernünftig und im Sinne unserer bisherigen Unterhaltung durchaus angemessen. Ich habe eine Nacht darüber geschlafen und auch mit meiner Frau darüber geredet.

Wir waren letztlich beide der Meinung, dass man es irgendwann auch gut sein lassen sollte. Genug ist genug.

Dann hat direkt nach dem Frühstück der Manager angerufen und ins Telefon geschrien, dass er Faktor 10 akzeptiert. Natürlich blieb mir an dieser Stelle nichts anderes übrig, als ihm zuzusagen. Was hätten Sie an meiner Stelle getan?


Herr K., ich verstehe Ihre Beweggründe und freue mich bis zu einem gewissen Grad, dass ich nun doch deutlich Geld (auf Kosten meiner Nerven) spare.

An dieser Stelle möchte ich allerdings eine Sache betonen: Ich weiß, wo Sie wohnen.


Wenn Sie sich in dieser Angelegenheit auf das Impressum meiner Internetseite verlassen: Davon kann ich Ihnen nur abraten. Ich wohne nicht wirklich in einem Polizeirevier in H.

Vielleicht erwägen Sie auch, mein Unternehmen auf gewissen Plattformen schlecht zu bewerten. Davon kann ich Sie natürlich nicht abhalten. Allerdings spielt das in der aktuellen Situation nur eine sehr geringe Rolle.


Fein, fein. Werden Sie glücklich mit Ihrem Manager.

Ich feile schon an einigen möglichst realistisch klingenden, detailreichen Bewertungen. Habe schließlich noch genug Zeit dafür.

Auf Nimmersehen.