Postman: Amusing Ourselves to Death
Das Gute
Etwas mehr als 160 Seiten hat das Buch, ist also kein Wälzer. Von der Geschichte der Medien zur Gegenwart mit Beispielen und zum allgemeinen Standpunkt mit Lösungsansatz ist das Buch strukturell sinnvoll aufgebaut und gibt dem Leser einen eindeutigen Eindruck davon, welche Grenzen und Möglichkeiten die bisherigen Leitmedien bieten und boten. Von der Kommunikation “Ohr-zu-Ohr” über das gedruckte Wort, bis hin zum unterhaltenden Bildschirm, werden die prägenden Medien abgedeckt.
Die großen Stärken des Buchs liegen in der kritischen Beschäftigung mit Medien überhaupt und der historischen Aufarbeitung der Medienentwicklung aus amerikanischer Sicht. Die Reflexion der Medien spielt im Geist der Allgemeinheit leider bis heute kaum eine Rolle. Es wird zu oft hirnlos konsumiert, Stärken und Schwächen der vorherrschenden Medien werden kaum erörtert. Man nimmt die Vorherrschaft der Bildschirme und des Infotainments oft gedankenlos hin. Wer sich bisher wenig mit den Vor- und Nachteilen der modernen Medien beschäftigt hat, kann beim Lesen dieses Buchs viele neue Erkenntnisse mitnehmen.
Das weniger Gute
Postman betont wiederholt, dass seine Darstellung nicht als Kampfrede gegen das Fernsehen gemeint ist. Offenbar kennt er zwar die Nachteile des Mediums Fernsehen, aber lässt sich nicht auf die Vorteile ein. Erst im letzten Kapitel weist er darauf hin, dass ein Verbot keine Lösung ist, sondern eine gewissenhafte Nutzung des Fernsehens im Vordergrund stehen muss. Diese Weisheit wirkt im Vergleich zu den voran gegangenen Kapiteln gefüllt mit Negativ-Darstellungen des Fernsehens wenig überzeugend.
Sicherlich hat er in Bezug auf die große Masse recht damit, dass das Fernsehen nur (Schmalspur-)Unterhaltung bietet, betont aber nicht, dass das Fernsehen auch informative, qualitativ hochwertige Sendungen bietet, die dem Zuschauer wissenswerte Informationen bieten kann. Das geschriebene Wort hingegen kann Postman nicht oft genug ins rechte Licht rücken. “Als das Buch noch allein die Welt beherrschte, war alles besser” könnte Postmans Slogan sein.
Ebenfalls nicht angesprochen werden Verbindungen verschiedener Medien. Beispielsweise kann ein langweiliges Textbuch durch historische Aufnahmen wichtiger Ereignisse aufgewertet und besser vermittelt werden. Auch die Aussage, dass kaum etwas von dem, was durch das Fernsehen im Bildungsbereich vermittelt wird, hängen bleibt, ist nicht nur Frage des Mediums, sondern auch des Umgangs damit. Wenn Lehrende voraussetzen, dass man Inhalte verfolgt, sich Notizen macht und wichtige Punkte nach dem Schauen diskutiert, kann man hier nicht grundsätzlich von einer Fehlnutzung ausgehen.
Außer den eben erwähnten kommt hinzu, dass Postman das Buch an etlichen Stellen durch Wiederholungen gestreckt hat. Immer und immer wieder bringt er zum Beispiel den Vergleich Orwell (bekannt durch “1984” und “Animal Farm”/“Farm der Tiere”) – Huxley (Der Autor von “Brave New World”/“Schöne neue Welt”) an. Der Leser wird (aller)spätestens im letzten Kapitel jedes Wort vorher sagen können: Orwell schreibt von der Unterdrückung durch den “großen Bruder”, Huxley von der selbst gewählten Versklavung. Und Huxley hat natürlich recht. Außerdem lassen einige Schilderungen vermuten, dass Postman nicht so gründlich recherchiert hat wie nötig. Man mag nicht so recht glauben, dass es zu (amerikanischen) Gründerzeiten nur um den hemmungslosen Austausch von Ideen ging, der mit Hilfe des gedruckten Wortes beflügelt wurde. Ganze Kapitel der amerikanischen Geschichte, die in irgendeiner Form hätten Erwähnung finden sollen, wurden nicht aufgegriffen. Von Schwarzen, Indianern und Minderheiten ist in “Amusing Ourselves to Death” nichts zu lesen.
Also?
Auch wenn Form und einige argumentative Schwächen negativ auffallen: Insgesamt ist das Buch lesenswert. Wer einen Blick aus der “Matrix” der modernen Medien werfen will, hinter die Bedeutung des Wortes “Infotainment” gelangen will sollte es versuchen, vorzugsweise auf Englisch.